Hier beschreiben wir ein paar exemplarische Fälle aus unserer Praxis. Weit davon entfernt, falsche Hoffnungen zu wecken, sehen wir dies vor allem als Appell an alle Betroffenen, die Hoffnung nie aufzugeben. Es sind Fälle dabei, die vor nicht mal zehn Jahren noch als aussichtslos galten. Sie illustrieren besser als trockene medizinische Abhandlungen, was heute machbar ist. Die Namen sind frei erfunden, die Menschen und ihre Geschichten sind alle echt.
Um Himmels willen, was hat die Frau vor, sie ist immerhin über siebzig! Da springt sie auch schon aus dem Sessel und stellt sich in Positur: den schlanken Körper kerzengerade gereckt, den Kopf hoch erhoben, ein Lächeln im Gesicht, verschmitzt und auch ein wenig stolz. Und dann beugt sie sich vor, biegt den Oberkörper immer weiter nach unten, ohne Anstrengung, streckt die Arme, bis die Hände flach auf dem Boden liegen. Und das gleich ein paar Mal.
Sie lacht. Über fünfzig Jahre hat sie davon geträumt, so was zu können.
Von Kindheit an litt sie unter einer Rückgratverkrümmung, ohne bis heute die Ursache zu kennen. Irgendwann mal stürzte sie mit dem Fahrrad und sagte zu Hause kein Wort. Das kann es gewesen sein, muss aber nicht. Sie wurde gequält mit heute mittelalterlich anmutenden Sachen wie Korsett und Streckbett und litt unter den Schmerzen mindestens genauso wie unter ihrer durch diverse Spiel- und Sportverbote erzwungenen Außenseiterrolle.
Irgendwann findet der Mensch sich mit so was ab. Und als Carsten Stüer sie kennenlernt, sagt sie wahrhaftig, das lohnt doch nicht mehr. Aber Nein sagt sie nicht. Jetzt sind die vier oberen Lendenwirbel und das Kreuzbein mit einem komplizierten Gewirr aus kreuz und quer verlaufenden langen Schrauben und dünnen Stangen verschraubt und somit versteift. Das Röntgenbild sieht abenteuerlich aus, Frau B. zeigt es vor und lacht schon wieder. Ein halbes Jahr nach der Operation hat sie endlich ihre Enkel in Süddeutschland besucht. Die lange Fahrt hätte ihr Rücken vorher nie mitgemacht.
Dass der Rücken ihre Problemzone ist, wusste sie schon immer. Sport treiben, viel Bewegung, das war für Susanne K. selbstverständlich – und gut für den Rücken. Dann, sie war gerade vierzig, kam es ganz dicke. Die Bandscheibe. Der Schmerz war von da an immer da, fünf Jahre lang, zweiundzwanzig Stunden am Tag. Ein Dämon, der wie ein siamesischer Zwilling irgendwo dahinten, wo man nicht rankommt, sitzt und bei der kleinsten Bewegung zuschlägt.
Sie verlor ihren Job, ihren Lebensmut, ihre Selbstachtung. Ihr Freundeskreis schrumpfte dramatisch. Zum Schmerz kam die Angst und die Unsicherheit auf der jahrelangen Suche nach dem richtigen Weg. Sie hörte eine Million Ratschläge, was man tun könnte, was man machen und was man sein lassen sollte. Sie kennt jeden Orthopäden im Umkreis von 500 Kilometern, und einer von ihnen schickte sie zu Carsten Stüer.
Der sagt ihr erstmal, dass er nicht zaubern kann. Aber er entwickelt gemeinsam mit ihr ein Konzept, das auch Komplikationen berücksichtigt und gewinnt ihr Vertrauen. Er setzt zwischen dem fünften Lendenwirbel und dem Kreuzbein einen “bewegungserhaltenden Bandscheibenersatz” ein. Das klingt einfacher als es ist, sagt aber schon alles. Nach der Operation wacht sie auf, und das erste, was sie bemerkt: der Schmerz ist weg. Sie weint. Ein halbes Jahr später. Susanne K. bewegt sich immer noch sehr verhalten. Die Vorsicht sitzt tief. Im Kopf ist noch nicht ganz angekommen, dass es vorbei ist. Sie darf wieder Sport machen, Gymnastik. Wie früher. Sie arbeitet wieder in einem neuen Job. Sie macht sich schön. Sie hat neue Freunde. Das Leben hat sie wieder. Alles was geblieben ist, ist eine kleine Narbe unten am Bauch, knapp sechs Zentimeter lang.
Das ist sein Motto, und das nimmt man ihm sofort ab, wenn man Werner M. da so sitzen sieht: ein kräftiger Mann Mitte sechzig, vital, optimistisch, mit einem Lächeln, das tief von innen kommt, von geradezu buddhistischer Gelassenheit. Kein Wunder, wenn man seine Geschichte hört. Zig Jahre zur See gefahren, Zupacken gewöhnt. Setzt sich an Land zur Ruhe, bezieht ganz allein ein Ferienhaus in der Heide, geht viel zu Fuß. Und dann, aus heiterem Himmel, dieser unglaubliche Schmerz. Er kann sich praktisch nicht mehr bewegen. Es folgen diverse Untersuchungen, MRT natürlich, alle möglichen Schmerzmittel, resignierende Ärzte. Ein Wirbel verschoben, Spinalkanal verengt, das Gespenst einer Querschnittslähmung vor Augen. Der Rücken ist hin, kriegt er zu hören. Aber er gibt nicht auf, siehe Motto oben. Er trifft Carsten Stüer, und der sagt ihm ganz offen, dass eine kleine Operation möglicherweise nicht nur nichts bringt, sondern alles noch schlimmer macht. Die beiden wagen es trotzdem. Ergebnis: Fehlanzeige. Werner M. gibt immer noch nicht auf. Und Carsten Stüer auch nicht. Nach ausführlichen Gesprächen und sorgsamem Abwägen dann die zweite Operation. Und die bringt den gewünschten Erfolg: die unterste Bandscheibe wird aufgerichtet und die Lendenwirbelsäule über drei Etagen stabilisiert.
Der Schmerz ist verschwunden, die Beweglichkeit ist wieder da, und der alte Optimismus auch. Für Werner M. hat ein neues Leben angefangen – und eine neue Liebe. Aber das ist eine andere Geschichte.
Für jemanden, der wie Marion H. für sein Leben gern Tennis spielt, ist das der größtmögliche Schock. Der Schmerz schießt mit einem Schlag durch den ganzen Körper, man erstarrt mitten in der Bewegung zu einer Salzsäule, und dem Gehirn wird signalisiert: Das war’s. Ab heute nur noch Leben in Zeitlupe. Der Weg hoch zur Wohnung im vierten Stock dauert ab sofort eine halbe Stunde.
Diagnose: Eine Verengung des Wirbelkanals im Lendenbereich. Ein Wirbel bildet Auswüchse nach innen, die auf eine Nervenwurzel drücken. Wie soll man da denn rankommen?! Für Marion H., zierlich, sportlich, Ende fünfzig, beginnt ein dreijähriger Leidensweg mit der ganzen Bandbreite widerstreitender ärztlicher Ratschläge und Produkten der gesamten Schmerzmittelindustrie in stetig steigender Dosierung. Als sie zu Carsten Stüer kommt, kann sie kaum noch gehen und muss sich alle paar Schritte nach vorn beugen, um die Wirbelsäule zu entlasten. Sie weiß nur eines: Sie will ihre schöne Wohnung nicht aufgeben, und sie will wieder Tennis spielen. Das ist im August. Im September ist sie im Urlaub, im Oktober wird sie operiert, am 1. November spielt sie wieder Tennis. Carsten Stüer hat die Auswüchse in Zehntelmillimeterarbeit entfernt und die volle Beweglichkeit wieder hergestellt. Sechs Tage nach der OP können die Schmerzmittel abgesetzt werden. Irgendwie, sagt sie, genieße ich den Blick aus meiner Wohnung über die Dächer von Hamburg ganz anders als früher.
Daniel S. muss sich jetzt sechs Wochen schonen. Das fällt dem kräftigen Mittdreißiger nicht leicht, und das sieht man ihm an. Er sitzt acht Stunden am Tag am Schreibtisch, aber danach verlangt sein Körper nach richtiger Arbeit. Auch das sieht man ihm an. Dass seine Frau ein altes renovierungsbedürftiges Häuschen mit in die Ehe bringt, kommt ihm da gerade recht. Er klotzt ran, bis der Arzt kommt – und dieser lockere Spruch wird leider plötzlich Realität. Eine Bandscheibe zwischen zwei Halswirbeln hält dem Druck nicht länger stand und verrutscht. Daniel S. leidet fünf Wochen, dann kriegt er den richtigen Tipp. An einem Montag kommt er zu Carsten Stüer, zwei Tage später ist er bereits dran.
Um 8 Uhr ist die OP, nach 50 Minuten ist alles erledigt, und um 11 ist er schmerzfrei. An der Stelle der entfernten Bandscheibe befindet sich jetzt eine abpuffernde künstliche Bandscheibe, die nach zwei Monaten fest und belastbar ist. Alles, was man sieht, ist eine winzige Narbe am Hals, durch die der mikrochirurgische Eingriff vorgenommen wurde. Und einen tatendurstigen jungen Mann, der ungeduldig auf den Ablauf seiner Schonzeit wartet. Denn hinten auf dem Grundstück steht noch ein altes Backsteinhäuschen, unbewohnt, baufällig, renovierungsbedürftig …